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Living Care Lab – Ein Konzept mit Potential

Das Projekt, das im Auftrag der Sozialabteilung des Landes Oberösterreich durchgeführt und aus Mitteln des Innovationsfonds gefördert wurde, hatte zum Ziel, die Grundlage für die Organisation von Living Labs zur user-zentrierten Entwicklung digitaler Assistenzsysteme im Pflegebereich zu konzipieren. Dieses Ziel wurde mit der Abschlusspräsentation bei Landesrat Dr. Hattmannsdorfer am 18. April 2023 erreicht und dadurch bestätigt, dass Kontakte für die Umsetzung des Konzepts vom Büro des Landesrats vermittelt wurden.


Doch was ist an diesem Konzept so speziell? Ein Living Lab an sich ist eine wissenschaftlich anerkannte Entwicklungsumgebung für technologische Innovationen, die sich insbesondere durch die reale Umgebung und Nutzer*innen-Beteiligung auszeichnet, in der Technologie zu Ende entwickelt wird. Die Grenzen dieses Konzepts stellen sich aber dadurch dar, dass die Entwicklungsarbeit von noch nicht fertigen digitalen Innovationen im Pflegekontext auf rechtliche, ethische und ressourcenabhängige Grenzen stößt. Unter anderem aus diesen Gründen wurde unsere Weiterentwicklung in Richtung „Living Care Lab“ ausgelöst.

In diesem Konzept steht die real-simulierte Entwicklungsumgebung ebenso im Mittelpunkt wie die konsequente auf nachhaltige Wirkung ausgerichtete Evaluierung der zum Einsatz kommenden Technologie. Das heißt einerseits, dass der physische Raum einer realen (Pflege-)Umgebung nachempfunden ist und damit keine „geschönte“ Laborsituation darstellt, aber anders als im klassischen Living Lab potenziell gefährdete Personen wie Bewohner*innen eines Pflegeheims oder Patient*innen eines Krankenhauses nicht beteiligt sind. Andererseits wird das Evaluierungsziel des Forschungsvorhabens an der Nutzung der innovativen Technologie und an der Wirkung auf Ziele aus der Sicht der Stakeholder ausgerichtet und nicht an der technischen Lösung an sich.

Entscheidend für die wirksame Entwicklung digitaler Assistenzsysteme, die in einem Living Care Lab sichergestellt wird, sind diese Aspekte:

• Real-simulierte Lebens- und Arbeitsumgebung als Entwicklungsraum

• Primäre Orientierung der Entwicklungsziele an den Erfordernissen eines Use-Cases, nicht (primär) an den Möglichkeiten der Technologie

• Festlegung von Wirkungszielen aus der Sicht der Anwender, wofür die technologische Innovation nützen soll; diese Ziele orientieren sich am Use-Case

• Kenntnisse der „Pain Points“ der potentiellen Nutzer einer technologischen Innovation: wofür braucht es konkret eine innovative Lösung?

• Integration von Schulungs- und Trainingsmöglichkeiten

• Evaluierung der nachhaltigen Wirksamkeit der Innovation

Für die Evaluierung werden fünf Wirkungsziele vorgeschlagen, für die in einem konkreten Projekt Kennwerte ergänzt werden; diese Vorgangsweise verbindet die „Objectives and Key Result“- Methode mit einer Wirkungsevaluation:

• Die digitale Innovation leistet einen Beitrag zur Reduktion des Pflegekräftemangels und steigert die Attraktivität der Pflege- und Betreuungsberufe (gesellschaftlicher Nutzen der Innovation).

• Der Einsatz einer Technologie ist wirtschaftlich vertretbar (Ökonomie) und entlastet das Pflege- und Betreuungspersonal nachhaltig.

• Die Lösung unterstützt die Entwicklung der Organisationen im Sinne der Nachhaltigkeitsziele.

• Die eingesetzte Technologie wird von User*innen organisationsübergreifend akzeptiert und genutzt (Technologieakzeptanz).

• Beim Einsatz der Technologie werden die ethischen und rechtlichen Rahmenbedingungen beachtet und miteinbezogen.

Das Living Care Lab-Konzept ist in zwei Varianten einsetzbar:

• Living Care Lab – Core Facility: dies ist ein an der FH OÖ speziell für die Evaluierung von unterschiedlichen Use Cases eingerichteter Raum, der flexibel unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten real simulieren kann und neben der technologischen Entwicklung vor allem auch für Schulungs- und Trainingszwecken von Anwender*innen genutzt werden. Dieser Bereich ist für einen dauerhaften Living Care Lab-Betrieb eingerichtet.

• Living Care Lab – Pop up: für einen konkreten Use-Case eines Anwenders, für dessen Optimierung eine spezielle technologische Lösung eingesetzt werden soll, wird in den Räumlichkeiten des Anwenders ein Living Care Lab nach dem Living Care Lab-Kriterein der FH OÖ betrieben. Mit Abschluss der Wirkungsevaluierung wird das Living Care Lab-Pop Up beendet.

Ein Forschungsprojekt, das das „Pop Up“-Konzept nützt, ist bereits genehmigt, weitere Anwendungen sind in Ausarbeitung bzw. für Forschungsförderungen eingereicht. Die Living Care Lab – Core Facility am FH OÖ-Standort Linz ist in Planung.

Vlnr: J. Zaiko, C. Haider, I. Ehrenmüller (Projektleitung), I. Kohlfürst, T. Kern | Bildquelle: B-Plank_imBILDE

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