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FH OÖ Campus Steyr: Internationales Forschungsprojekt will Automobil- und Motorrad-Händler fit für die Zukunft machen

In einem von der FH OÖ Fakultät für Management in Steyr initiierten internationalen Projekt wurden die zukünftigen Herausforderungen und daraus resultierenden Schlüsselqualifikationen im Fahrzeug-Handel in Europa (Automobil und Motorrad) erhoben und mit der Sichtweise der Fahrzeughändler verglichen. Dabei kristallisierte sich eine große Diskrepanz in der Wahrnehmung zwischen Experten und den Händlern heraus. Während die Händler noch am traditionellen Produktverkauf festhalten, sehen Experten die Zukunft im kunden- und serviceorientierten Verkauf (z.B. Mobilität als Dienstleistung) verbunden mit einer Professionalisierung des Managements. Das bedingt neue Fähigkeiten und Fertigkeiten der Händler und deren Verkaufspersonal. Aufbauend auf diesen Ergebnissen werden nun Trainingskonzepte für die Ausbildung zukünftiger Händler- und Verkäufergenerationen entwickelt bis hin zu passenden Lehrkonzepten und -materialien für Hochschulen.

ForscherInnen der Fachhochschule OÖ in Steyr leiten das geförderte EU-Projekt in der Automobil- und Motorradbranche, das langfristig die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft fördern und Arbeitsplätze sichern soll. Gemeinsam mit Partneruniversitäten aus Italien, Polen und Tschechien, der KTM-Sportmotorcycle AG, Škoda Auto und dem Trainingsunternehmen Snap-On Business Solution arbeiten die ForscherInnen daran, die KfZ-Händler fit für die Zukunft zu machen. Im ersten Schritt wurden 21 Experten, 152 Autohändler und 63 Motorradhändler aus Österreich, Deutschland, Italien, Polen und Tschechien, vor allem Klein- und Mittelbetriebe, über die künftigen Herausforderungen und Schlüsselqualifikationen im Automobil-Bereich befragt. 

Neue Herausforderungen für Hersteller und Händler 
Der Automobilmarkt steht vor großen Herausforderungen: sowohl Hersteller als auch Händler sind konfrontiert mit Mehr-Marken-Management, Online-Verkauf, restriktiveren Finanzierungsmöglichkeiten sowie dem Thema, Mobilität als Dienstleistung zu verstehen und handzuhaben. Es geht darum, sich vom klassischen Produktverkauf zum Service- und Lösungsanbieter weiter zu entwickeln. Den Händlern kommt damit eine Schlüsselrolle für einen erfolgreichen Automobil-Vertrieb zu. Sie sind sich der rasanten Änderungen der Märkte und Rahmenbedingungen jedoch meist nicht bewusst und kämpfen mit massiven Defiziten im Management und Vertrieb ihrer Marken und Produkte. Das spiegeln die Ergebnisse der aktuellen Expertenbefragung und der Händlerbefragung wider.

Händlern mangelt es an Kunden- und Zukunftsorientierung
In Zuge einer Händlerbefragung in Österreich, Deutschland, Italien, Polen und Tschechien wurde erhoben, wo die Händler Schulungsbedarf für ihre Verkaufsmannschaft sehen. Auto- und Motorradhändler gaben als wichtigste Qualifikation für ihr Verkaufsteam das Produktwissen an, gefolgt vom Know-how, Neu- und Gebrauchtfahrzeuge zu verkaufen, usw. (siehe Grafik). Erst weit hinter diesen eher produktionsorientierten Faktoren rangieren Wissen zum Finanzmanagement, Werbekenntnisse oder die Verwendung neuer/ sozialer Medien. Obwohl es leichte Länderunterschiede gibt und für italienische Händler z. B. der E-Commerce-Bereich stärker im Bewusstsein steht, halten die Fahrzeug-Händler generell eher an Faktoren fest, die in der Vergangenheit zum Erfolg geführt haben. Für die Zukunft und die sich rasant ändernden Märkte sind sie damit schlecht beraten. 

Experten: Kunden und Mitarbeiter entscheiden im Wettbewerb
Die Experten aus Automobilindustrie, von Trainingsinstitutionen, Hochschulen und Medien orten einen großen Nachholbedarf, der Händler insbesondere bei Management-Fähigkeiten wie Planung, Neukundengewinnung, Kundenbeziehungsmanagement, der Fähigkeit, Kundenbedürfnisse zu verstehen und zu erfüllen, dem Einsatz neuer Medien und einer hohen Serviceorientierung. Eine Schlüsselrolle wird auch dem Einsatz qualifizierter und motivierter MitarbeiterInnen zukommen. Emotionen wie das Ausstrahlen von Begeisterung für die Marke werden beim Verkauf eine größere Rolle einnehmen. Das erfordert vom Verkaufspersonal - abgesehen vom Fach- und Produktwissen - ausgezeichnete kommunikative Fähigkeiten, eine hohe Motivation und das Eingehen auf Kundenbedürfnisse.

Neue Fähigkeiten erfordern neue Trainings- und Lehrkonzepte
Ausgehend von diesen Erkenntnissen wird im nächsten Schritt ein Online-Selbstevaluierungs-Instrument für die Händler entwickelt, um die eigenen Kenntnisse einschätzen, mit dem Durchschnitt der Branche vergleichen und Verbesserungspotenziale erkennen zu können. Darauf können dann Trainingskonzepte und Lernmaterialien aufsetzen. Zu den Lehrmaterialien gehören unter anderem Best Practices, Case Studies, Videos und Literatur. Projektleiter seitens der FH OÖ in Steyr, Christian Stadlmann, der am Studiengang „Global Sales and Marketing“ lehrt, erläutert: „Wir wollen helfen, die Händler bestmöglich zu qualifizieren, gehen aber noch einen Schritt darüber hinaus. Für Hochschulen und Ausbildungsstätten entwickeln wir ebenso Lehrkonzepte samt Lehrmaterialien, um den Automobilbereich mit gut ausgebildetem Verkaufspersonal erfolgreich zu machen.“
Alle Materialien und auch der Selbstevaluierungs-Test aus dem Projekt werden öffentlich verfügbar gemacht. Den Selbstevaluierungs-Test gibt es voraussichtlich ab April 2013.
Mehr zum Projekt: http://www.new-distribution-skills.eu/

Das internationale Projektteam: 1. Reihe v. l.: Barbara Ehrenstorfer, Patrick Grinnell; 2. Reihe v. l.: Pavel Strach, Martin Fischer, Christian Stadlmann, Anton Edtmeier, Jiri Jira, Silvio Cardinali. Bildquelle: FH OÖ (Abdruck honorarfrei)

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