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Forscher der FH OÖ analysieren erstmals mit neuer Methode Pflanzeninhaltsstoffe zur besseren Bekämpfung von Krebs

Krebs ist in Österreich die zweithäufigste Todesursache. Um die molekulare Wirkungsweise von pflanzlichen oder pharmazeutischen Wirkstoffen in der Zelle besser messen zu können, betreten nun die Lebensmittelforscher des Studienganges Bio- und Umwelttechnik an der FH OÖ Fakultät für Technik und Umweltwissenschaften in Wels Dr. Julian Weghuber, Dr. Otmar Höglinger und Peter Lanzerstorfer BSc größtenteils wissenschaftliches Neuland. Mittels einer neuartigen biophysikalischen Methode untersuchen sie erstmals, wie gut Pflanzeninhaltsstoffe direkt in der Zelle auf bestimmte Moleküle von Krebszellen wirken. „Die molekulare Wirkungsweise von Pflanzeninhaltsstoffen in der Zelle selbst ist bisher überwiegend unbekannt. Bisher wurde nur die Wirkung auf den gesamten Organismus analysiert. Die gewonnenen Ergebnisse werden einerseits für die bessere Medikation von Krebserkrankungen und andererseits für die Entwicklung funktioneller Lebensmittel mit bestimmten Inhaltsstoffen von großer Bedeutung sein“, erklärt Höglinger.

Jährlich erkranken lt. Statistik Austria in Österreich etwa 36.000 Menschen an Krebs, Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen. Für beide Geschlechter stellen bösartige Tumorerkrankungen nach den Herz-Kreislauferkrankungen die zweithäufigste Todesursache dar.

Viele Pflanzen beinhalten neben den herkömmlichen Bestandteilen wie Fetten, Proteinen, Kohlehydraten oder Vitaminen weitere Wirkstoffe, welche auf den gesamten Organismus wesentlichen Einfluss nehmen. Die Effekte dieser sogenannten sekundären Pflanzeninhaltsstoffe waren bereits Ziel umfangreicher Studien, jedoch ist die molekulare Wirkungsweise, also die Wirkung auf bestimmte Moleküle in einzelnen Zellen, größtenteils unbekannt.

Neuartige biophysikalische Messmethode

Mittels einer neuartigen biophysikalischen Messmethode sind die Welser Forscher Julian Weghuber und Otmar Höglinger diesen Wirkungsweisen auf der Spur. So werden etwa sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe aus Äpfeln isoliert und deren Effekte auf medizinisch relevante Zell-Oberflächenmoleküle in der Zelle selbst analysiert.

Auf einer mikrostrukturierten Glasoberfläche („µ-biochip“), werden Antikörper (aufgereinigte Eiweiße) aufgebracht, welche an bestimmte Oberflächenmoleküle binden können. Nun werden Krebszellen auf dem µ-biochip zum Wachsen gebracht. Diese produzieren einerseits die Oberflächenmoleküle, an die der Antikörper bindet (Köder-Molekül). Andererseits produzieren sie unter Laserlicht leuchtende („fluoreszierende“) Interaktionspartner der Oberflächenmoleküle (Beute-Molekül).

Fluoreszenzmikroskop enthüllt Wirkungsweise in der Zelle

Bei einer Wechselwirkung von Köder und Beute kommt es zu charakteristischen Mustern der leuchtenden Beutemoleküle, die mittels Fluoreszenzmikroskopie detektiert werden können. „Starke Interaktionen können zu einem verstärkten Zellwachstum und damit zu Krebs führen. Mit dieser neuen Messmethode können wir Wirkstoffe herausfinden, die die Interaktion hemmen können. Wir gehen davon aus, dass zum Beispiel Antioxidantien aus Äpfeln eine derartige Wirkung hervorrufen. Das werden wir nun nachweisen können“, erklärt Julian Weghuber. Wenn keine Interaktion stattfindet, erscheint die Verteilung der Beute in der Zelle gleichmäßig.

Genaue Messergebnisse und hoher Durchsatz

„Die Vorteile der neuen Messmethode sind die genaue Messbarkeit der Interaktionsstärke, die Detektion von schwachen Interaktionen und die hohe ‚Durchsatzrate‘. Das heißt, es kann innerhalb kurzer Zeit eine große Anzahl an Zellen analysiert werden. Deshalb eignet sich diese Methode sehr gut, um gewisse Wirkstoffe und ihren Effekt auf die Interaktion von Köder- und Beutemolekül, zu testen“, berichtet Otmar Höglinger und fügt hinzu: „Mit diesem neuen Verfahren erhalten wir ein besseres Verständnis der molekularen Wirkungsweise verschiedener Wirkstoffe in der Zelle selbst. Bisher wurde die Wirkungsweise nur auf den gesamten Organismus analysiert.“

"Die Forscher der FH OÖ in Wels zeigen Pioniergeist. Mit der völlig neuen Methode zur Untersuchung der Wirkung von Pflanzeninhaltsstoffen in Krebszellen betreten sie wissenschaftliches Neuland. Sie leisten damit einen wertvollen Beitrag in der medikamentösen Krebstherapie," sagt Forschungslandesrätin Mag.a Doris Hummer.

Einladung zu internationaler Konferenz

Dass die gewonnenen Ergebnisse für die Forschung von großem Interesse sind, zeigt eine Einladung der European Molecular Biology Organization (EMBO): Julian Weghuber wurde unter hunderten Bewerbern ausgewählt, um die ersten Forschungsdaten beim jährlichen EMBO-Meeting, eine der größten Life-Science-Konferenzen in Europa, welches heuer in Wien stattfindet, zu präsentieren.

Die Welser Forschergruppe, die mit zahlreichen renommierten nationalen und internationalen Forschern kooperiert, besteht in ihrer jetzigen Form seit Ende 2010 und bietet auch Masterstudierenden und Dissertanten die Möglichkeit, modernstes Equipment für die Beantwortung spannender wissenschaftlicher Fragestellungen zu nutzen. Durchgeführt und finanziert werden die Forschungsarbeiten in zwei Projekten: Einerseits in einem kürzlich genehmigten F&E-Projekt der FH Oberösterreich, andererseits im Projekt "Kombinierte stoffliche und/oder energetische Nutzung von pflanzlichen Rohstoffen", das im Rahmen des EU-Programms "Regionale Wettbewerbsfähigkeit OÖ 2007-2013 (Regio 13)" aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) sowie aus Mitteln des Landes OÖ gefördert wird.

Infos:www.protein-interaction-lab.at

Julian Weghuber, stehend v.li.n.re.: Peter Lanzerstorfer, Otmar Höglinger. Bildquelle: FH OÖ Campus Wels, Abdruck honorarfrei

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